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So erfüllen Sie die technischen Anforderungen des neuen Barrierefreiheitsgesetzes

Geschrieben von QESTIT Team | 07.05.2025 14:30:00

Ab Juni 2025 wird Barrierefreiheit für digitale Produkte und Services gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Leitfaden erklärt, welche technischen Vorgaben und Standards Sie beachten müssen – und wie Sie Ihre digitale Lösung rechtskonform gestalten.

 

 

Barrierefreie Technik: Was konkret gefordert ist

Digitale Anwendungen müssen ab 2025 folgende Anforderungen erfüllen:

 

  • Komplette Bedienbarkeit per Tastatur, ohne Maus

  • Hoher Kontrast zwischen Text und Hintergrund

  • Aussagekräftige Alternativtexte für visuelle Inhalte

  • Saubere semantische Struktur für Screenreader

  • Responsive Gestaltung, auch bei bis zu 200 % Zoom

  • Verständliche Fehlermeldungen und barrierefreie Formulare

  • Nutzbarkeit auch bei kognitiven oder motorischen Einschränkungen


 

Wichtige Richtlinien und Standards

Die Umsetzung des Barrierefreiheitsgesetzes orientiert sich vor allem an folgenden Standards: 

 

  1. 1. WCAG 2.1 AA (Web Content Accessibility Guidelines) 

Dieser internationale Standard für barrierefreie Webinhalte definiert über 50 konkrete Anforderungen und folgt vier Prinzipien:

 

  • Wahrnehmbar: Inhalte müssen erfassbar sein

  • Bedienbar: Alle Funktionen müssen zugänglich sein

  • Verständlich: Inhalte und Navigation müssen klar strukturiert sein

  • Robust: Inhalte funktionieren auch mit zukünftiger Technologie


 

Beispiele für Anforderungen nach WCAG 2.1 AA: 

 

  • Minimales Farbkontrastverhältnis von 4,5:1

  • Tastaturnavigation durch die gesamte Oberfläche

  • Logische Überschriftenstruktur (H1, H2, H3…)

  • Fokusindikatoren, die die aktuelle Position des Nutzers anzeigen


 

    1. 2. EN 301 549: Der verbindliche EU-Standard für digitale Barrierefreiheit

    Die EN 301 549 ist der zentrale technische Standard der EU für barrierefreie Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie gilt für:

     

    • Websites, mobile Anwendungen

    • Software und Betriebssysteme

    • Digitale Dokumente und Kommunikation

     

    Sie integriert die WCAG 2.1 für Webinhalte und ergänzt sie um weitere Anforderungen, darunter:

     

    • Unterstützung von Sprachausgabe
    • Barrierefreiheit bei Hardware-Oberflächen (z. B. Geldautomaten, Terminals)

    • Dokumentformate wie barrierefreie PDFs (PDF/UA-Konformität)

     

     

    1. 3. ARIA (Accessible Rich Internet Applications)

    Mit ARIA-Attributen wird Barrierefreiheit dort möglich, wo HTML an seine Grenzen stößt – z. B. bei Dialogfenstern, Slidern oder Dropdowns. Sie liefern Screenreadern die nötige Kontextinformation.

     

    Beispiel:

     

    role="dialog" oder aria-expanded="true" geben Screenreader-Nutzern wichtige Kontextinformationen.

     

    ⚠️ Achtung: Falsch eingesetztes ARIA schadet mehr als es nützt. Weniger ist hier oft mehr – und Präzision ist Pflicht.

 


 

Fünf Erfolgsfaktoren für barrierefreie Umsetzung

 

  • Tastatur statt Maus: Ihre Anwendung muss sich komplett per Tastatur bedienen lassen.

  • Saubere Struktur: Nur semantisch korrektes HTML funktioniert mit Screenreadern & Co.

  • Barrierefreiheit nützt allen: Gutes Design mit starken Kontrasten, klare Strukturen und einfache Bedienung verbessern das Nutzererlebnis für alle.

  • Testen mit Hilfstechnologien: Mit Screenreadern, Vergrößerungssoftware und per Tastatur.

  • Tools alleine reichen nicht: Automatisierte Tests erkennen viel – aber nicht alles. Nutzerfeedback und manuelle Prüfungen sind entscheidend.


 

Ihr Einstieg in digitale Barrierefreiheit

 

  1. 1. Starten Sie mit Tools wie WAVE, Axe oder Lighthouse zur WCAG-Prüfung.
  2.  
  3. 2. Schulen Sie Ihre Programmierer und Designer zu WCAG und EN 301 549.
  4.  
  5. 3. Integrieren Sie Barrierefreiheits-Checks fest in Ihre QS-Prozesse.
  6.  
  7. 4. Entwickeln Sie Ihre UI-Elemente barrierefrei von Grund auf – mit passenden Designsystemen.
  8.  
  9. 5. Erstellen und pflegen Sie eine Barrierefreiheitserklärung auf Ihrer Website, um gesetzliche Dokumentationspflichten zu erfüllen. [Vorlage hier herunterladen 👇]

 

 

 

Zusammenfassung

 

Barrierefreiheit ist ab 2025 Pflicht – aber auch ein Zeichen für professionelle, zukunftssichere digitale Lösungen. Mit Standards, Know-how und strukturiertem Testen wird sie zum festen Bestandteil Ihres Entwicklungsprozesses.

Unsere Barrierefreiheits-Audits zeigen Ihnen genau, wo Ihre digitale Lösung nicht den Anforderungen entspricht – und wie Sie diese Lücken schließen.


Jetzt mehr erfahren und loslegen.