Ab Juni 2025 wird Barrierefreiheit für digitale Produkte und Services gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Leitfaden erklärt, welche technischen Vorgaben und Standards Sie beachten müssen – und wie Sie Ihre digitale Lösung rechtskonform gestalten.
Barrierefreie Technik: Was konkret gefordert ist
Digitale Anwendungen müssen ab 2025 folgende Anforderungen erfüllen:
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Komplette Bedienbarkeit per Tastatur, ohne Maus
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Hoher Kontrast zwischen Text und Hintergrund
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Aussagekräftige Alternativtexte für visuelle Inhalte
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Saubere semantische Struktur für Screenreader
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Responsive Gestaltung, auch bei bis zu 200 % Zoom
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Verständliche Fehlermeldungen und barrierefreie Formulare
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Nutzbarkeit auch bei kognitiven oder motorischen Einschränkungen
Wichtige Richtlinien und Standards
Die Umsetzung des Barrierefreiheitsgesetzes orientiert sich vor allem an folgenden Standards:
- 1. WCAG 2.1 AA (Web Content Accessibility Guidelines)
Dieser internationale Standard für barrierefreie Webinhalte definiert über 50 konkrete Anforderungen und folgt vier Prinzipien:
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Wahrnehmbar: Inhalte müssen erfassbar sein
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Bedienbar: Alle Funktionen müssen zugänglich sein
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Verständlich: Inhalte und Navigation müssen klar strukturiert sein
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Robust: Inhalte funktionieren auch mit zukünftiger Technologie
Beispiele für Anforderungen nach WCAG 2.1 AA:
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Minimales Farbkontrastverhältnis von 4,5:1
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Tastaturnavigation durch die gesamte Oberfläche
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Logische Überschriftenstruktur (H1, H2, H3…)
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Fokusindikatoren, die die aktuelle Position des Nutzers anzeigen
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- 2. EN 301 549: Der verbindliche EU-Standard für digitale Barrierefreiheit
Die EN 301 549 ist der zentrale technische Standard der EU für barrierefreie Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie gilt für:
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Websites, mobile Anwendungen
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Software und Betriebssysteme
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Digitale Dokumente und Kommunikation
Sie integriert die WCAG 2.1 für Webinhalte und ergänzt sie um weitere Anforderungen, darunter:
- Unterstützung von Sprachausgabe
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Barrierefreiheit bei Hardware-Oberflächen (z. B. Geldautomaten, Terminals)
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Dokumentformate wie barrierefreie PDFs (PDF/UA-Konformität)
- 3. ARIA (Accessible Rich Internet Applications)
Mit ARIA-Attributen wird Barrierefreiheit dort möglich, wo HTML an seine Grenzen stößt – z. B. bei Dialogfenstern, Slidern oder Dropdowns. Sie liefern Screenreadern die nötige Kontextinformation.
Beispiel:
role="dialog" oder aria-expanded="true" geben Screenreader-Nutzern wichtige Kontextinformationen.
⚠️ Achtung: Falsch eingesetztes ARIA schadet mehr als es nützt. Weniger ist hier oft mehr – und Präzision ist Pflicht.
Fünf Erfolgsfaktoren für barrierefreie Umsetzung
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Tastatur statt Maus: Ihre Anwendung muss sich komplett per Tastatur bedienen lassen.
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Saubere Struktur: Nur semantisch korrektes HTML funktioniert mit Screenreadern & Co.
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Barrierefreiheit nützt allen: Gutes Design mit starken Kontrasten, klare Strukturen und einfache Bedienung verbessern das Nutzererlebnis für alle.
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Testen mit Hilfstechnologien: Mit Screenreadern, Vergrößerungssoftware und per Tastatur.
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Tools alleine reichen nicht: Automatisierte Tests erkennen viel – aber nicht alles. Nutzerfeedback und manuelle Prüfungen sind entscheidend.
Ihr Einstieg in digitale Barrierefreiheit
- 1. Starten Sie mit Tools wie WAVE, Axe oder Lighthouse zur WCAG-Prüfung.
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- 2. Schulen Sie Ihre Programmierer und Designer zu WCAG und EN 301 549.
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- 3. Integrieren Sie Barrierefreiheits-Checks fest in Ihre QS-Prozesse.
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- 4. Entwickeln Sie Ihre UI-Elemente barrierefrei von Grund auf – mit passenden Designsystemen.
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- 5. Erstellen und pflegen Sie eine Barrierefreiheitserklärung auf Ihrer Website, um gesetzliche Dokumentationspflichten zu erfüllen. [Vorlage hier herunterladen 👇]

Zusammenfassung
Barrierefreiheit ist ab 2025 Pflicht – aber auch ein Zeichen für professionelle, zukunftssichere digitale Lösungen. Mit Standards, Know-how und strukturiertem Testen wird sie zum festen Bestandteil Ihres Entwicklungsprozesses.
Unsere Barrierefreiheits-Audits zeigen Ihnen genau, wo Ihre digitale Lösung nicht den Anforderungen entspricht – und wie Sie diese Lücken schließen.
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